Clausewitz: Vom Kriege - Carl von Clausewitz

Clausewitz: Vom Kriege

By Carl von Clausewitz

  • Release Date: 2009-07-29
  • Genre: Military History

Description

Es wird mit Recht befremden, daß eine weibliche Hand es wagt, ein Werk von solchem Inhalt wie das vorliegende mit einer Vorrede zu begleiten. Für meine Freunde bedarf es hierüber keiner Erklärung, aber auch in den Augen derer, die mich nicht kennen, hoffe ich durch die einfache Erzählung dessen, was mich dazu veranlaßte, jeden Schein einer Anmaßung von mir zu entfernen.

Das Werk, dem diese Zeilen vorangehen sollen, hat meinen unaussprechlich geliebten, mir und dem Vaterlande leider zu früh entrissenen Mann während der letzten zwölf Jahre seines Lebens fast ausschließend beschäftigt. Es zu vollenden, war sein sehnlichster Wunsch, aber nicht seine Absicht, es während seines Lebens der Welt mitzuteilen; und wenn ich mich bemühte, ihn von diesem Vorsatz abzubringen, gab er mir oft, halb im Scherz, halb aber auch wohl im Vorgefühl eines frühen Todes, zur Antwort: »Du sollst es herausgeben.« Diese Worte (die mir in jenen glücklichen Tagen oft Tränen entlockten, sowenig ich damals geneigt war, ihnen eine ernsthafte Bedeutung unterzulegen) sind es nun, die es mir nach der Ansicht meiner Freunde zur Pflicht machen, den hinterlassenen Werken meines geliebten Mannes einige Zeilen vorauszuschicken; und wenn man auch hierüber verschiedener Meinung sein kann, so wird man doch das Gefühl gewiß nicht mißdeuten, das mich veranlaßt hat, die Schüchternheit zu überwinden, welche einer Frau jedes auch noch so untergeordnete Auftreten der Art so sehr erschwert.

Es versteht sich von selbst, daß ich dabei auch nicht die entfernteste Absicht haben kann, mich als die eigentliche Herausgeberin eines Werkes zu betrachten, das weit über meinem Horizont liegt. Nur als eine teilnehmende Begleiterin will ich demselben bei seinem Eintritt in die Welt zur Seite stehen. Diese Stelle darf ich wohl in Anspruch nehmen, da mir auch bei dessen Entstehung und Ausbildung eine ähnliche vergönnt wurde. Wer unsere glückselige Ehe gekannt hat und weiß, wie wir alles miteinander teilten, nicht allein Freude und Leid, sondern auch jede Beschäftigung, jedes Interesse des täglichen Lebens: der wird begreifen, daß eine Arbeit dieser Art meinen geliebten Mann nicht beschäftigen konnte, ohne auch mir genau bekannt zu sein. Es kann also auch niemand so wie ich, Zeugnis geben von dem Eifer, von der Liebe, mit der er sich ihr widmete, von den Hoffnungen, die er damit verband, sowie von der Art und dem Zeitpunkt ihres Entstehens. Sein so reich begabter Geist hatte von früher Jugend an das Bedürfnis des Lichts und der Wahrheit empfunden, und so vielseitig er auch gebildet war, hatte sich sein Nachdenken doch hauptsächlich auf die Kriegswissenschaften gerichtet, welchen sein Beruf ihn widmete, und welche von so großer Wichtigkeit für das Wohl der Staaten sind. Scharnhorst hatte ihn zuerst auf die richtige Bahn geführt, und seine im Jahre 1810 erfolgte Anstellung als Lehrer bei der Allgemeinen Kriegsschule sowie die Ehre, die ihm in derselben Zeit zuteil wurde, Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen den ersten militärischen Unterricht zu erteilen, waren ihm neue Veranlassungen, seinen Forschungen und Bestrebungen diese Richtung zu geben sowie dasjenige niederzuschreiben, worüber er mit sich selbst aufs reine gekommen war. Ein Aufsatz, mit welchem er im Jahre 1812 den Unterricht Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen schloß, enthält schon die Keime seiner folgenden Werke. Aber erst im Jahre 1816 in Koblenz fing er wieder an, sich mit wissenschaftlichen Arbeiten zu beschäftigen und die Früchte zu sammeln, welche die reichen Erfahrungen von vier so gewichtigen Kriegsjahren in ihm zur Reife gebracht hatten. Er schrieb seine Ansichten zuerst in kurzen, untereinander nur lose verbundenen Aufsätzen nieder. Der nachfolgende, der sich ohne Datum unter seinen Papieren fand, scheint auch aus jener früheren Zeit herzustammen:

Durch die hier niedergeschriebenen Sätze sind nach meiner Meinung die Hauptsachen, welc

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